Oh heiliger Sankt Florian…!?

Der in der Dezember-Ausgabe des Zornheimer Bote veröffentlichte Artikel “Das Nimby-Prinzip“ hat uns persönlich sehr angegriffen. Schon der Titel, das Zitat “Oh heiliger Sankt Florian… “ in dem doch bitte ein anderes Haus “brennen“ möge, war unpassend, ja geradezu provozierend.

Niemand von uns hat je dazu aufgefordert, man möge doch bitte irgendein anderes Wohngebiet aussuchen, irgendwelche anderen Bauherren zum Opfer der Planung machen.

Dass aber auch wir uns dagegen wehren, sollte doch völlig verständlich und nachvollziehbar sein. Ansonsten hätte es in der Verbandsgemeinde-Bauausschusssitzung am 25.11.19 eine geeignete Lehrstunde gegeben, als Herr Beckermann, ISU Kaiserslautern, den anwesenden Damen und Herren verdeutlicht hat, dass es sich bei unserem Baugebiet “Hahnheimer Straße“ um ein reines Wohngebiet handelt, welches somit einem besonderen Schutz unterliegt.
Herr Beckermann führte aus, dass Anwohner ein sogenanntes Abwehrrecht innehaben, ihren Wohnraum zu schützen und zu verteidigen, ggfs. auch gegen beabsichtigte Maßnahmen von Kommune bzw. Staat.

Das sog. Abwehrrecht ist im Grundgesetz, sprich in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland verankert.

Dass eine Bauleitplanung eine langwierige und mühselige Angelegenheit sein kann, ist unbestritten.
Wir erlangten Kenntnis über die Planung des Gewerbegebietes direkt an unser Wohngebiet durch die Veröffentlichung der Flurstücknummern im Juni 2019 im Nachrichtenblatt.

Der im Artikel beklagte “Affront gegenüber den gewählten Ehrenamtlichen“ geht wohl eher in die umgekehrte Richtung, denn auch wir haben bzw. hatten Ehrenämter für unsere Gemeinschaft, für Kirche, für Vereine inne, zum Teil über Jahre, wenn auch nicht gewählt.
Eine Frage übrigens, die sich die erwähnten “eingeborenen Gemeinderatsmitglieder“ sicher nicht gestellt haben. Zornheimer Persönlichkeiten, zum Teil legendär, vielleicht mit einer etwas altbackenen Auffassung vom gewählten Amt: immer ein offenes Ohr, egal wo man sie gerade antraf, egal ob Rederecht ja oder nein und ganz bestimmt kein Ruf nach Bürgerrecht nur noch für Ehrenamtler.

Und wenn wir schon bei den (Nimby-)Prinzipien sind: Was ist das für ein Prinzip, nach dem man sich auf Anwohner beruft, die grundsätzlich dagegen wären, egal was man beschließt, um abzufedern. Ist es das Prinzip des Freibriefes, das besagen soll, man brauche erst gar keine kompromissbildenden Vorschläge zu machen?

Die CDU zieht Ereignisse aus den letzten dreißig, vierzig Jahren heran (auch unter uns gibt es “alte Zornheimer“, die Neubürger herzlich empfangen haben), die mit der gegenwärtigen Planung eines Gewerbegebietes überhaupt nicht verglichen werden können:
Die, die sich um unsere Kinder kümmern (in Kindergärten, Schule und auf dem Sportplatz) wohnen nicht dort.
Die, die dort wohnen (z. B. in der Oberen Pfortenstraße) haben zum Teil schon an anderer Stelle gekämpft und resigniert.
Interessant auch: Es wird eine evangelische Kirche (Gemeindezentrum) mit einem Gewerbegebiet von 45.000 plus weiteren 15.000 m² gleichgesetzt!
Sind Zornheim Nord, Elfmorgen und Pfortengewann etwa Gewerbegebiete?
Und ja, wenn auf dem Lindenplatz gefeiert wird, ist was los.
Aber wie viele Tage im Jahr?
Und ja, die Anwohner feiern mit, fahren im Karussell bei dröhnenden Lautsprechern.
Und was heißt das für uns? Sollen wir Stapler fahren im Gewerbegebiet?

Zornheim ist unser Zuhause. Für einige von uns schon seit mehr als einem halben
Jahrhundert. Wir haben immer gerne hier gelebt. Und wir wünschen uns sehr, dass das so bleibt.

Die Anwohner des Dietrich-Bonhoeffer-Wegs, Zornheim

Gründe für Neugestaltung des Bebauungsplans mit 40.000 qm Gewerbepark unmittelbar am Wohngebiet


Die Gemeinde Zornheim plant, ein Gewerbegebiet mit einer Größe von 45.500 qm (40.000 qm Gewerbe- und 5.500 qm Mischgebiet) am Ortsausgang von Zornheim rechts entlang der Hahnheimer Straße in Richtung Hahnheim zu erschließen. Dieses soll unmittelbar an den Dietrich-Bonhoeffer-Weg angrenzen, Teil eines 2014 erschlossenen Baugebietes.

Das Gebiet wurde für die Bebauung festgelegt, da ein nahegelegen ansässiges Unternehmen Vergrößerungsbedarf angemeldet hatte. Auf Nachfrage der Gemeinde nach Gewerbeflächen haben sich daraufhin weitere Gewerbetreibende angeschlossen. Alternative Standorte für das damit erheblich größer geplante Gewerbegebiet wurden jedoch bislang nicht untersucht, worum wir, die Anwohner des Dietrich-Bonhoeffer-Wegs die Gemeinde aus diversen Gründen bitten möchten:

  • Erhöhte Verkehrsbelastung mit Gefährdungspotential:
    In der Hahnheimer Straße sowie anliegenden Nebenstraßen wird zusätzlicher Verkehr generiert werden. Ein Großteil wird die verengte Straßenführung der Oberen Pfortenstraße passieren und die dort angespannte Verkehrssituation weiter verschärfen. Zudem wird das Gefährdungspotential für Kinder erhöht, denn an der Hahnheimer Straße befinden sich ein Spielplatz, zwei Kindergärten, eine Grundschule und ein Sportplatz.

  • Verlust des dörflichen Charakters von Zornheim:
    Mit einem ausgedehnten Gewerbegebiet am Ortseingang wird der ländliche Charakter von Zornheim weiter verloren gehen. Nachdem das Ortsbild bei der Anfahrt aus Nieder-Olm durch das aktuelle Bauvorhaben „Pfortengewann“ bereits negativ beeinflusst wird, zeigt die Anfahrt aus Hahnheim entlang von Weinbergen und Feldern sowie einem Weingut noch das typische Bild der rheinhessischen Kulturlandschaft. Der dörfliche Charakter von Zornheim bietet insbesondere aufgrund der Nähe zu den Ballungsgebieten des Rhein-Main-Gebietes einen außerordentlichen Standortvorteil, der nicht gefährdet werden sollte. Die prominente Lage des Plangebietes über mehrere hundert Meter unmittelbar entlang der Hahnheimer Straße ist daher aus städtebaulicher Sicht negativ zu bewerten.

  • Verlust von Grünfläche mit 1.600 Bäumen / negative Umwelt-Auswirkungen
    Beim Plangebiet handelt es sich gemäß Flächennutzungsplan 2025 um „Bereiche, in denen biotopvernetzende Strukturen in Form von Obstfeldern und -wiesen, Grünland, wiesenartigen Brachen und Staudenfluren … konzentriert werden sollen“. Diese würden umgewandelt in versiegelte Baufläche, für die ca. 1.600 bestehende Obstbäume gefällt werden müssen.

    In den Offenlegungsunterlagen wird bzgl. Naturschutz und Landschaftspflege betont, dass im Gegenzug zur Neuausweisung die bisher geplante gewerbliche Baufläche „Im Hipppfad“ herausgenommen und wieder landwirtschaftlich gewidmet wird. Dies kompensiert jedoch nicht die Mehrung an gewerblicher Fläche durch das Plangebiet und die damit verbundenen als „erheblich“ bewerteten, negativen Auswirkungen auf die Schutzgüter bzw. Umweltaspekte: weitere Verringerung der Grundwasserneubildung bzw. Kontaminationsrisiko des Wassers mit möglichen Auswirkungen auf die Brunnen des TSV sowie Risiken hinsichtlich Emission von Schadstoffen, Lärm, Erschütterungen, Licht, Wärme und Strahlung mit Auswirkungen auf die Gesundheit.

  • Dauerhaft erhebliche Lärmimissionen:
    Geplant werden u. a. Gewerbe aus dem Bau- sowie dem Garten- und Landschaftsbaugewerbe. Diese Unternehmen betreiben stark motorisierte Großgeräte wie LKW, Bagger und Radlader und verladen regelmäßig Schüttgüter. Diese Arbeiten sind äußerst lärmintensiv, und es ist bekannt, dass diese Unternehmen von Frühjahr bis Herbst von Sonnenauf- bis untergang sowie samstags tätig sind. Das Plangebiet grenzt im Norden unmittelbar an Wohnbebauung an, und das Mischbaugebiet reicht nicht weit genug nach Westen, um Lärmimmissionen auf die Anwohner zuverlässig zu verhindern. Es ist davon auszugehen, dass die dauerhafte Einhaltung der gesetzlichen Grenz- oder Richtwerte hinsichtlich Lärmbelastung für die Anwohner nicht zuverlässig sichergestellt werden kann.

  • Qualitätsverlust des Erholungsgebietes:
    Größere Teilflächen des Plangebietes wurden im aktuell gültigen Flächennutzungsplan 2025 als besonders erholungsrelevantes 1km Siedlungsumfeld (u. a. Nordic-Walking-Weg, Teil der Rheinhessen-Panorama (Rad)route etc.) eingestuft. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass diese Fläche mit besonderer Bedeutung für die Naherholung für gewerbliche Nutzung umgewidmet werden soll.
  • Wertverlust der Grundstücke und Häuser der Anwohner / Wirtschaftlichkeit:
    Die Umsetzung der geplanten Maßnahmen hätte erhebliche, negative Auswirkungen auf die Lebensqualität der Anwohner des Dietrich-Bonhoeffer-Weges. Dies hätte zwangsläufig eine Wertminderung der Grundstücke und Häuser zur Folge.

    Aufgrund folgender weiterer Fakten sehen wir eine erneute Untersuchung des Vorhabens als zwingend notwendig an:
  • Nicht erfolgte Prüfung von Alternativstandorten:
    In den Offenlegungsunterlagen ist nicht erkennbar, ob und wenn ja welche Alternativstandorte untersucht wurden und anhand welcher Kriterien man entschieden hat, die gewerblichen Flächen im Plangebiet zu entwickeln. Wir bitten darum, dass mögliche alternative Standorte z. B. in Richtung Mommenheim (ggf. unterhalb des Tennisplatzes), Ebersheim oder Nieder-Olm geprüft werden – ggf. entkoppelt von dem Erweiterungsvorhaben des ansässigen Unternehmens. Auch das ursprünglich für Gewerbefläche vorgesehene Gebiet „Am Hipppfad“ in Zornheim weist erheblich geringere negative Auswirkungen auf Schutzgüter auf.
  • Nicht zeitgerecht erfolgte Offenlegung des Flächennutzungsplanes:
    Es ist unserem Kenntnisstand nach nicht richtig, dass die vorliegende Entwurfsfassung den Planungsstand nach der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB wiederspiegelt. Mit der Offenlegung vom 02.08. bis 02.09.2019 lag erstmals ein Plan zur geplanten Änderung des Flächennutzungsplans vor. Selbst auf einer eigens zu dieser Thematik durchgeführten Informationsveranstaltung am 24.06.2019 wurden keine Pläne gezeigt.
  • Nicht zukunftsorientierte Planung – erneut negative Folgen einer Gebietsausdehnung:
    Wir unterstützen die Intention, gewerbliche Fläche für ortsansässige Betriebe zur Verfügung zu stellen. Doch der bestehende Gesamtbedarf kann durch das geplante Vorhaben nicht vollständig gedeckt werden. Laut Protokoll der Ortsgemeinderatssitzung vom 22.05.2019 ist laut „2. Änderung des Flächennutzungsplans 2025 der Verbandsgemeinde Nieder-Olm“ eine zusätzliche Fläche für die Entwicklung eines Gewerbegebietes von 15.000 qm für die Erweiterung ausgewiesen. Da Gewerbeflächen sinnvollerweise zusammenhängend entwickelt werden, ist eine Ausweitung mittelfristig zu erwarten, was erneut sehr negative Auswirkungen auf die bereits betroffenen Anwohner hätte.

Aus all diesen Gründen bitten wir um die Prüfung von alternativen Standorten, die deutlich geringere negative Einflüsse auf Anwohner sowie Schutzgüter haben und auch eine Perspektive für zukünftige Bedarfe aufweisen.
Wir sind jederzeit offen für Gespräche und wünschen uns, dass eine gemeinverträgliche Lösung gefunden wird.

Die Anwohner des Dietrich-Bonhoeffer-Wegs, Zornheim, Dezember 2019